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Es war ein ganz besonderer und wichtiger Abend – Jüdische Biografien: Wer sich kennt, hasst sich nicht

Ausstellungseröffnung der gemeinsamen Fotoausstellung von
Städtepartnerschaft Ganey Tikva – Bergisch Gladbach e.V. und Himmel un Ääd.

„Jüdische Biografien – Leidtragende des Holocaust in Ganey Tikva und Bergisch Gladbach“

„Ganz, ganz herzlichen Dank, dass ich bei diesem besonderen Abend dabei sein durfte. Mich hat der tief beeindruckt. Und vor allem auch die Arbeit, die Sie sich mit diesem Projekt gemacht haben, die nötigt mir großen Respekt ab. Das war eine wirklich wichtige Veranstaltung“. (Tom Hegermann, Moderator)

Alle vorgestellten Biografien, Beiträge, Interviews, Liveschaltungen nach New York und Ganay Tikva sind in einem Video festgehalten.
Über Kapitelmarken ist es einfach möglich, gezielt zu den einzelnen Beiträgen zu navigieren.

Danke Tom Hegermann, danke Claudia Timpner und Gerd Pohl für die ins Mark gehenden Lesebeiträge, danke dem Green Smart Sax Quartett, danke Ursula Völkner für das sehr persönliche Interview über ihren in Theresienstadt ermordeten Großvater Dr. Erich Deutsch aus Schildgen, danke Victoria Allen (Tochter von Jascha Lülsdorf/Jaques Lowe) in New York und Ruthy Vortrefflich (Tochter von David und Martha Vortrefflich) in Ganey Tikva für die Live-Online-Interviews in unsere Veranstaltung.
Danke Frank Stein für Ihre eindrücklichen Grußworte.
Danke Heinrich Mehring für Aufbereitung der Ausstellungsfotos und Klaus Brosig für die kleinen Video-Sequenzen des Abends.
Danke Ulli Poggel für die Recherchen zu Jascha Lülsdorf/Jacques Lowe zu den Kontakt zu seiner Tochter Victoria Allen.
Danke Susanne Schlösser und Lutz Urbach vom Städtepartnerschaftsverein für dieses wichtige Kooperationsprojekt.
Danke allen ungenannten Helfern und Unterstützern, ohne die dieser Abend, die zugehörige Foto-Ausstellung und das gesamte Projekt nicht möglich gewesen wären.

Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 25.9.2022 während der Öffnungszeiten im H&Ä-Begegnungscafé.
hier geht´s zu den Fotos mit kurzen Hintergrundinfos

In einer begleitenden Broschüre sind die einzelnen Geschichten der leidtragenden des Holocaust und ihrer Familienangehörigen mit Fotos zusammengetragen – gegen Spende erhältlich im H&Ä-Begegnungscafé und beim Städtepartnerschaft Ganey Tikva – Bergisch Gladbach e.V.

Fotos: S. Schlösser, P.J. Bösel, Ch. Arlinghaus, K. Brosig (Videos), A. Rieks

Entrechtet und gedemütigt – zum Artikel im KStA vom 29.8.

„Wer sich kennt, hasst sich nicht“ – zum Artikel in iGL Bürgerportal vom 29.8.

Nachfolgend ein Rückblick zur Ausstellungseröffnung auf der Website des Städtepartnerschaft Ganey Tikva – Bergisch Gladbach e.V.
https://ganey-tikva-verein.gl/

Alles begann mit Achim Rieks und Ulli Poggel. Die beiden hatten sich schon 2021 auf die Suche nach jüdischen Schicksalen in Schildgen während der nationalsozialistischen Diktatur gemacht und ihre Recherchen in einer Broschüre veröffentlicht. Diese Sammlung war Anlass dazu, die Kontakte des Städtepartnerschaft Ganey Tikva – Bergisch Gladbach e.V. in die israelische Partnerstadt zu nutzen, um dort Biografien jüdischer Holocaust-Leidtragender zu sammeln. Entstanden ist daraus eine Ausstellung mit Fotos und eine weitere Broschüre, die die jüdischen Biografien aus Ganey Tikva und Bergisch Gladbach gemeinsam präsentiert.

Eine Fotoausstellung will eröffnet werden, und so luden der Himmel un Ääd e.V. und der Städtepartnerschaft Ganey Tikva – Bergisch Gladbach e.V. am 23.08.2022 in den Gemeindesaal der Herz-Jesu-Kirche in Schildgen ein.

Durch das Programm der feierlichen Ausstellungseröffnung führte der Journalist und Moderator Tom Hegermann mit großer Sachkenntnis und viel Empathie. Claudia Timpner (Intendantin von Theas Theater) und Gerd Pohl (Chef des Puppenpavillons Bensberg) lasen Auszüge der Geschichten und machten die unterschiedlichen Personen lebendig. Diese Gänsehau-Momente wurden durch Musik des Green Smart Sax Quartett abgelöst und durch Interviews mit hinterbliebenen Töchtern ergänzt.

Zunächst nahm Ursula Völkner auf dem kleinen Sofa in der Mitte der Bühne Platz. Ihr Großvater, Dr. Erich Deutsch, wurde in das KZ Theresienstadt deportiert und dort erschlagen. Tom Hegermann entlockte Ursula Völkner einige Erinnerungen an ihre Mutter, Ilse Edelmann. Diese war von ihren Erfahrungen als Halbjüdin in Nazi-Deutschland so verunsichert, dass sie der Tochter erst von ihrem jüdischen Erbe erzählte, als diese 16 Jahre alt war. Ilse Edelmann war mit Tochter Ursula nach dem Kriegsende in Bergisch Gladbach geblieben, obwohl sie dort Gefahr lief, ihre Peiniger zu treffen – was leider auch geschah. Sie wählte aber Bergisch Gladbach vor allem als Heimatort, weil sie hier in Politik und Gesellschaft ihren Beitrag zu einem besseren Deutschland leisten wollte. Auch Ursula Völkner engagiert sich bis heute aus dem gleichen Grund im sozialen Bereich. Sie fürchtet – gerade vor dem Hintergrund ihrer Familiengeschichte – die Verrohung der Gesellschaft durch Respektlosigkeit, Intoleranz und Hass, besonders auch in den sozialen Netzwerken.

Die zweite Interviewpartnerin wurde per Zoom aus New York zugeschaltet. Victoria Allen ist die Tochter von Jascha Lülsdorf aus Schildgen, der den Holocaust überlebte, weil die mutige Gastwirtin Christine Quirl ihn und seine jüdische Mutter versteckte. Jascha wanderte später in die USA aus und nannte sich fortan Jacques Lowe. Der Name sagt Ihnen nichts? Vermutlich haben Sie aber schon seine Arbeiten gesehen, denn Jacques war der Fotograf der Kennedy-Familie, und seine Fotos wurden weltberühmt. Zeit seines Lebens trug er einen Zorn in sich, den seine Tochter Victoria erst sehr spät verstehen lernte, als sie nämlich erfuhr, dass er ein Holocaust-Überlebender war. Nie hatte er seinen Kindern von seinem Schicksal erzählt. Seinen Platz im Leben hat er erst in seiner Arbeit als Fotograf gefunden, der durch die Linse auf das Wesentliche blickte und es festhielt. Zu Deutschland hatte er jedoch Zeit sein Lebens ein schwieriges Verhältnis.

Von New York ging es dann per Videoschalte nach Ganey Tikva, zu Ruthy Vortrefflich. Ruthys Vater überlebte ein Hunger-Lager in Transnistrien und lernte in Rumänien nach dem Krieg Martha kennen, die ihrerseits den Holocaust unter der schützenden Hand ihres Arbeitgebers überstand. Ruthy berichtete von den Anfängen der Eltern in Israel. Sie hätten Europa nur verlassen, um den Eltern von David nach Israel zu folgen. Tatsächlich waren die Vortrefflichs viel zu sehr in der deutsch-österreichischen Kultur verankert, um sie ganz aufzugeben. Die Vortrefflichs sprachen zu Hause deutsch, die Integration fiel nicht leicht. Die Sehnsucht nach Europa ist den Töchtern und Enkeltöchtern ins Herz gegeben. Ruthys Töchter leben heute in der Schweiz und in den Niederlanden.

Victoria und Ruthy wissen um das Böse, das Nazi-Deutschland und Europa im Griff hatte, und es gehört zu ihrer Familiengeschichte. Beide sehen jedoch heute Deutschland und die Deutschen versöhnlich. Victoria sagt, sie nehme jeden Menschen als einzelnes Individuum und gebe jedem eine Chance. Ruthy hat die österreichisch-deutsche Herkunft immer schon mit ihrem Namen behalten (auch „Ruthy“ wird deutsch ausgesprochen), hat schon als Kind immer wieder mit den Eltern Deutschland besucht. Die persönlichen Kontakte und der Schüleraustausch zwischen der HaRishonim Junior High School und dem Otto-Hahn-Gymnasium sind ihr sehr wichtig, um heute Menschen zusammenzuführen, sich kennen und schätzen zu lernen. 106 Schülerinnen und Schüler hatten sich zuletzt (vor Corona) in Ganey Tikva für den Schüleraustausch gemeldet – fast der gesamte Jahrgang. Nur 20 duften nach einem Auswahlverfahren die Reise antreten. „Wer sich kennt, hasst sich nicht!“ – das ist Ruthys Devise. So ähnlich formuliert es auch Asif, der Enkelsohn von Zwi Eshed, der früher Herman Obstfeld war: „Schau, jedes Land hat eine Geschichte, und einige Leute haben schreckliche Fehler gemacht, aber ich weiß, Deutschland tut, was immer es kann, um diese dunklen Tage auszugleichen… Ich glaube, wir leben in anderen Zeiten, an anderen Tagen. Und trotzdem wir von antisemitischen Entwicklungen auf der ganzen Welt hören, glaube ich, die ganze Welt ist entschlossen, die Fehler, die im Laufe der gesamten Geschichte gemacht wurden, nicht zu wiederholen. – Ich glaube, wir sind nicht nur unterwegs hin zu anderen Tagen, sondern zu besseren Tagen.“

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