Suche

Jüdische Biographien in Schildgen – ein Online-Vortragsabend, der tief beeindruckt hat

Vorgestellt wurden die Lebens- und Familiengeschichten der Menschen mit jüdischen Wurzeln und ihren Familien, die hier in Schildgen in der Vorkriegs- und Kriegszeit eine Heimat gefunden hatten.

Achim Rieks berichtete über Jascha Lülsdorf, aus dem der Kennedy-Fotograf und –Freund Jacques Lowe wurde, über den Hutfabrikanten Martin Reichenbach, seine Familie und die drei Söhne, die allesamt katholische Priester wurden, über Dr. Paul Silverberg, einen der bedeutendsten deutschen Unternehmer der Weimarer Zeit, über Medizinalrat Dr. Erich Deutsch und seine Familie bis zur grausamen Ermordung von Dr. Deutsch in Theresienstadt sowie über Auguste und Dr. Fritz Fuchs, posthum geehrt als „Gerechte unter den Völkern“.

Eine Teilnehmerin: „Die Schilderung der Lebensschicksale war sehr anschaulich und eindrücklich. Der gut recherchierte und faktenreiche Vortrag wurde durch eine gelungene Bild-Kurztext-Präsentation begleitet. Fast 40 ZuhörerInnen hörten gebannt diese sehr dichten Geschichten aus einem traurigen Kapitel unserer noch nicht so weit zurück liegenden Vergangenheit. Das Besondere an diesem Vortrag war, dass es kein abstrakter Text, keine politische Analyse oder Bewertung war, sondern man den Menschen und ihren Schicksalen, ihrem Alltag, ihrer familiären Situation und auch ihren Emotionen wie Hoffnung, Verzweiflung, Bitterkeit, aber auch Mut und Zivilcourage nahe kommen konnte. Vieles mußte am Ende des Vortrages erst einmal sacken und verdaut werden“.

Kreiskulturreferentin Charlotte Loesch: „Zusammenfassend lässt sich neben dieser Vermittlung außergewöhnlicher Lebensgeschichten besonderer Menschen ein Befund hervorheben: Es war sehr erschreckend festzustellen, wie sehr diese Menschen die damalige Gesellschaft mitgestaltet und mitgetragen haben, wie sehr sie sich darum bemüht haben, „gute Deutsche“ zu sein – und wie wenig es ihnen angesichts des nationalsozialistischen Terrors genutzt hat.

Es geht nahe, zu hören, wie mit diesen Menschen, die sich als nichts anderes als Deutsche gesehen oder verstanden haben – nichts anderes als Deutsche gewesen sind – umgegangen wurde, wie sie sich Tod und Terror oftmals nicht entziehen konnten. Der Nationalsozialismus war ein menschenverachtendes Regime: Jeder, der sich nicht in die wahnhaften Vorstellungen der ideologischen Doktrin einreihen konnte und wollte, hatte wenig Aussicht auf ein Leben als Deutscher in Deutschland.

Der Vortrag hat auch gezeigt, was mit einer intoleranten Gesellschaft passiert, die Menschen ausgrenzt, die rassistische Ideologien zur Maxime erhebt und aus dem eigenen Volk „Fremde“ und „Andere“ macht, die es loszuwerden gilt. Die jüdischen Biographien in Schildgen bleiben darum auch Geschichten für heute.
Achim Rieks danke ich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für die immense Rechercheleistung und die gelungene Präsentation. Für mich – und sicher auch viele andere – war es ein Abend, an den wir uns noch lange zurückerinnern werden und aus dem viel mitgenommen werden konnte“.

Der Vortrag „Jüdische Biographien in Schildgen“ fand statt im Rahmen des XIV. FORUM OSTWEST, das im Jahr 2021 ganz im Zeichen des bundesweit ausgerufenen deutsch-jüdischen Jubiläumsjahres steht.
Alle Informationen zur Reihe hier

Nächste Veranstaltungen

Folgen Sie uns auf Facebook!

Unsere Förderer & Partner

Weitere aktuelle Nachrichten lesen